Wie ich (wieder) zu fischertechnik kam

18.12.2004

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Das alte fischertechnik Zeug meiner Kindheit hatte ich eingemottet und wollte es eigentlich nie wieder benutzen. Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt:

Vorgeschichte

Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste Begegnung mit fischertechnik. Mein Bruder hatte sich einen hobby1 zugelegt um sich technische Probleme zu veranschaulichen. Schnell erkannte ich die Möglichkeiten dieses Systems und wünschte mir zu Weihnachten natürlich ebenfalls fischertechnik. Meine Eltern hielten dagegen: "Ich hätte doch nun alle LEGOs für mich alleine". Sie taten dies so geschickt, dass ich mit geringen Erwartungen in den Heiligen Abend ging. Die Freude, die ich hatte, einen hobby1 unter dem Weihnachtsbaum zu finden war unbeschreiblich und manchmal kann ich heute noch ein bißchen davon nachspüren.

Ein Kindheitstraum

Ein Kindheitstraum

Ich wurde dann recht bald auch Mitglied im fischertechnik Club. Club Heft 3 74 war das erste Clubheft, dass ich zugeschickt bekam. Als Nachbauanleitung enthielt es ein funktionstüchtiges Radargerät, ähnlich dem, das irgendwann um diese Zeit herum zur Weihnachtspropagation bei Karstadt stand. Ich fand es absolut toll! Einer meiner Kindheitsträume war es daher einmal das Ding zu bauen. Ich hatte wohl fast alle Teile, zumindest sind sie im Clubheft alle abgehakt bis auf die Elektronikbausteine. Es sollte aber dann fast 25 Jahre dauern bevor ich endlich die erforderlichen Silberlinge hatte. Dann hab ich es auch gleich gebaut.

Im Brennpunkt des Radarspiegels ist eine Fotozelle angeordnet, die erkennt, wenn das Gerät auf eine Lichtquelle ausgerichtet ist, z.B. eine Deckenleuchte. Dann wird über die Elektronik die Leuchte des "Kontrollbildschirms" eingeschaltet. Da die Drehungen von Radarschirm und Kontrollschirm mechanisch über die Kette synchronisiert sind, kann man genau erkennen, wo sich Lichtquellen befinden. Natürlich hat die Leuchte eine grüne Abdeckung, damit es auch so richtig echt aussieht, wie die Bildschirme der Fluglotsen.

Die Modellbahn

Ebenfalls Mitte der 70er Jahre habe ich mir dann noch eine Modellbahn in Spur N zugelegt. Beide Hobbys liefen berührungslos nebeneinander her, bis in den achtziger Jahren zuerst fischertechnik und dann die Modellbahn nach und nach einschliefen.

Mitte der neunziger Jahre schenkt meine Frau mir zu Weihnachten eine Anfangspackung der  LGB , weil wir ja nun auch einen Garten hätten, wo sich sowas ganz gut machen würde, und es auch was für die Kinder zum Spielen sei. Kinder sind sowieso für Modellbahner und fischertechniker als Alibi unverzichtbar. :-)

Bis heute hat die  LGB  noch keinen Grashalm gesehen, aber die Kinder spielen gerne damit - wenn Papa sie läßt. Die  LGB  befindet sich heute auf unserem Spitzboden, weswegen ich sie in Anlehnung an die "Harzer Schmalspur Bahnen" = "HSB" gerne als "Holzhauers Spitzboden Bahn" bezeichne.

Ein Problem

Eines Tages bin ich über eine Ausgabe der  MIBA  (eine Modellbahnzeitung) gestolpert, in der sich ein Sonderteil mit dem Thema Eisenbahnkrane befand. Für alle möglichen Spurweiten gibt es diese Dinger zu kaufen. Nur für die  LGB  wird es dünn. Da gibt es zwar den Teleskopkran von  LGB , der mir persönlich aber zu modern ist. Ich wollte was mit langem Ausleger, vielen Seilen, einen "richtigen" Eisenbahnkran halt.

Den gibt es auch, als Messing-Handarbeitsmodell von einem Kleinserienhersteller. Konnte ich mir nicht leisten. Also blieb nur Selbstbau.

Falsche Lösungsansätze

Ein erster Ansatz war die Suche nach Kranmodellen im Spielwarenhandel. Ich hatte mal eine Bauanleitung für den Selbstbau eines kleines Eisenbahnkrans aus Teilen eines Spielzeug-Autokranes gesehen, die sich auch als Anregung für größere Kräne geeignet hätte. Aber ich fand keine passenden Modelle.

Der zweite Ansatz, den ich sogar recht weit getrieben habe, war der komplette Selbstbau aus Pappe. Dazu habe ich die Teile mit einem CAD Programm gezeichnet, ausgedruckt, ausgeschnitten und zusammengeklebt. Der Ausleger nach einem geschweißten Vorbild war schon fertig aber das Ergebnis gefiel mir nicht und beim Kranhaus gab es Probleme mit dem Falten der Teile.

Warum nicht gleich so?

Irgendwann ging mir der Gedanke durch den Kopf: Früher hast du dir mechanische Probleme mit fischertechnik veranschaulicht!

Also habe ich die alten Kästen rausgekramt. Zu meinem Erstaunen funktionierten alle Teile einwandfrei - auch die Motore, als hätte ich es erst gestern weggelegt. Beim Bauen erinnerte ich mich bald an altbewährte Konstruktionen und nach ein paar Stunden war ein erster Prototyp fertig.

Zwei Dinge störten mich allerdings: erstens wollte ich dreiachsige Drehgestelle (gibt es aber nicht bei der LGB) und zweitens brauchte der Kran seitliche Abstützungen um beim Drehen nicht umzufallen.

Es zieht Kreise

Die erforderlichen Bauteile hatte ich natürlich nicht in ausreichender Zahl, also musste ich neue fischertechnik Teile kaufen, was sich aber zu meiner Überraschung als nicht einfach erwies, da es fischertechnik im normalen Spielwarenhandel kaum noch gab. Und so kommt es nun, dass ich auf der Suche nach gebrauchten Teilen Flohmärkte, Kleinanzeigen in Tageszeitungen und das Internet durchstreife.

Ein Einkaufserlebnis

Mit dem Wiederaufleben meines fischertechnik Virus begann ich mit der Suche nach Fachgeschäften, in denen man noch Kästen bekommen kann. In der näheren Umgebung fand ich gar nichts, dafür in Essen gleich drei Geschäfte. Am besten gefiel mir "Spielwaren Müller", ein richtiger Spielwarenladen alter Prägung: klein, gemütlich bis familiär und so vollgepackt mit Waren, dass ich öfter hingefahren bin, weil ich das Gefühl hatte, irgendwo noch etwas Neues entdecken zu können. Er hatte eine kleinen Schrank voll mit mehr oder weniger aktuellen fischertechnik Kästen. Eine echte Fundgrube, vor der ich mehrmals stand und mich fragte, was ich mir leisten könnte.

Leider begann schon wenige Wochen nachdem ich den Laden entdeckte hatte der Totalausverkauf wegen Geschäftsaufgabe. Ihr könnt Euch sicher mein Erschrecken vorstellen, als ich wieder in den Laden kam, und hinter der Türe in einem anderen Regal ein paar traurige Reste vorfand. Nachdem ich meine Sprachlosigkeit überwunden hatte, bekam ich aber dann die Auskunft, dass dies lediglich weitere! Kästen seien, die beim Aufräumen im Lager aufgetaucht waren, und zwar nur die kleinen, die größeren lagen im gewohnten Regal. Und das alles mit 30% Rabatt. Ich hätte einen Kredit aufnehmen sollen!

Das ging natürlich nicht. Also habe ich alles an Bargeld zusammengekratzt, das ich finden konnte. Da der Laden auf meinem Heimweg lag, war ich dann mehrmals die Woche da, immer auf der Suche nach bezahlbaren Schätzchen. Wen wundert es, dass die Verkäuferin bald schon meine Interessenlage erfasst hatte, auch ohne meinen Namen zu kennen. So kam es, dass sie mich eines Tages in Anspielung auf die fischertechnik Leidenschaft mit den Worten "Ah, der Herr Fischer!" begrüßte und fortfuhr: "Ich habe etwas für sie gefunden!". Das "Etwas" war das Dekomodell des Hydraulik Baggers. Vollständig und sogar in der original Plexiglas Kiste. Ein Traum für Sammler!

Sie wollte es mir für einhundert Mark verkaufen, was mir natürlich zuviel war. Also bot ich fünfzig. "Nein, Sie kaufen mir das für DM 100 ab, das weiß ich und da gehe ich nicht drunter!". Das Ganze entwickelte sich geradezu zu einem Spiel zwischen uns, das bis zum letzten Tag des Ausverkaufs andauerte. Allerdings war ich dabei wohl im Nachteil gegen die umfangreiche Berufserfahrung von Frau Lüthy - so hieß die Verkäuferin. Sie hatte mich, meine finanziellen Möglichkeiten und die Intensität des Wunsches völlig richtig eingeschätzt. So steht der Bagger nun in meinem Büro auf dem Schreibtisch, als Erinnerung an ein wunderschönes "Einkaufserlebnis".

Es war schon erstaunlich, was im Laufe des Abverkaufs so alles aus dem Außenlager ans Tageslicht zurückkam. Einige Tage nach dem der Laden endgültig geschlossen hatte erhielt ich einen Anruf von Frau Lüthy, die mir mitteilte, dass dort noch eine Menge fischertechnik aufgetaucht sei, darunter sogar zwei wohlgefüllte Service Kästen. Klar, dass ich die haben wollte und nach Arbeitsende gleich hin gefahren bin. Dort wurde ich von Chef des Hauses mit den Worten "Ich bin schuld!" empfangen. Er hatte die Kästen in der Mittagspause von Frau Lüthy verkauft. Ein echter Murphy: "What can go wrong will go wrong!" Als Trost haben sie mir dann noch alle Reste fischertechnik, die sie gefunden hatten sehr günstig verkauft. So kam ich zum Grundstock meiner -> Dekomodellsammlung   (Windrad, Mixer, Fahrrad und I´m walking).

Ein Generationenproblem?

Als begeisterter fischertechnik Fan möchte ich dieses tolle Spielzeug natürlich auch meinen Kindern nahe bringen und mit ihnen gemeinsam ausgiebig damit spielen. Aber wie eingangs schon zitiert: "Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt."

Leider konnte ich meine Tochter gar nicht an ft heranführen und bei meinem Sohn bin ich nicht sicher, ob mir das noch gelingen wird. Er hat zwar Spass an den Sachen die ich baue und spielt auch gerne mit den fertigen Modellen, baut aber selber nur selten und wenig.

Auch bei anderen fischertechnikern "schlagen die Kinder aus der Art" und interessieren sich nicht für Papas hobby. An den Texten für Angebote erkennt man oft, dass die Erben nichts mit den fischertechnik-Beständen ihrer Väter anfangen können und auch bei Modellbahnern habe ich schon ähnliche Beobachtungen gemacht.

Möglicherweise ist es ja ein ganz natürliches Verhaltensmuster, sich vom Vater abgrenzen zu wollen. Für wahrscheinlicher halte ich aber, dass beim gemeinsamen Spiel eine gewisse Bevormundung väterlicherseits erfolgt ("Schau mal, so geht das!", "Mach das doch einfach so!"), die dem Sprössling den Spass an diesem Spielzeug nimmt. Oder Papa baut schon riesige Funktionsmodelle, während Sohn noch an einfachen Grundkonstruktionen knabbert, ein solcher Leistungsunterschied frustriert möglicherweise auf Dauer.

Mein Fazit: Seinen Kindern fischertechnik frühzeitig anzubieten scheint OK zu sein, aber man muss sich wohl doch zurücknehmen um die Kids viel selber probieren und herausfinden zu lassen. Hilfe geben, wenn sie gefragt ist, aber nicht aufdrängen. Das bedeutet auch, mal den Mund zu halten, auch wenn man sieht, dass man es selber besser machen könnte!

Alle Angaben ohne Gewähr!

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